Valle Staffora

Valle Staffora – unberührte Natur, Thermalbäder und reiche Geschichte

Nur wenige Kilometer abseits der großen Reiserouten Norditaliens, die von Mailand an die ligurische Riviera oder über Florenz nach Rom führen, verbirgt sich – am Nordrand des Apennin – ein landschaftliches Kleinod, das es zu entdecken gilt: das Tal des Staffora – Valle Staffora.

Der Staffora ist ein Fluss mit vielen Gesichtern. Er entspringt auf über 1300 m Höhe bei Santa Maria di Staffora im Süden der Provinz Pavia aus der Quelle Fontana di San Giacomo. Hier im „Dreiländereck“ aus Lombardei, Piemont und Emilia-Romagna ist auch Ligurien nicht weit entfernt.

In seinem Oberlauf gebärdet sich der Staffora als reißender Gebirgsbach, nicht umsonst sprechen die Italiener von einem „Torrente“. Passend dazu umgibt ihn eine gebirgige, schroffe Landschaft. In dieser wildromantischen Umgebung hat auch der 1.700 Meter hohe Monte Chiappo sein Zuhause. Im Laufe der ersten 10 km durchfließt der Staffora eine enge, dicht bewaldete Schlucht. Unterhalb der Ortschaft Cencerate bildet er allmählich ein offeneres Tal und erreicht nach etwa 50 Kilometern bei Rivanazzano Terme die Po-Ebene.

In den Po mündet der Staffora schließlich – nach etwa 65 km – nördlich des Städtchens Cervesina. Am Unterlauf geht der Staffora in die liebliche Hügellandschaft des „Oltrepò Pavese“ über und präsentiert sich hier entsprechend ruhiger. Ein Paradies für Freunde unberührter Natur abseits ausgetretener Pfade!

Landschaft, Tier- und Pflanzenwelt entlang des Staffora

Über der Quelle des Flusses ragt der kahle Monte Chiappo empor, doch bis zur Höhe von 1400 m erstrecken sich dichte Buchen- und Kastanienwälder, gemischt mit Fichten, Schwarzkiefer und Lärche. Gipfelwiesen mit Himbeer- und Heidelbeerfeldern breiten sich oberhalb der bewaldeten Zone aus, während in den tiefer gelegenen Gebieten Eichen, Erlen und Hainbuchen anzutreffen sind. –

Ebenso vielfältig ist die Fauna: Wildschweine, Wiesel, Dachse und Steinmarder bevölkern das Tal. Falken und Bussarde, auch Eulen gehören zu den häufig zu beobachtenden Raubvögeln. Wasserschlangen und Salamander sind in den Feuchtgebieten anzutreffen.

Die 10 wichtigsten Orte im Valle Staffora – von der Mündung bis zur Quelle

Seit prähistorischer Zeit ist das Tal bewohnt. Die Römer nannten den Staffora übrigens „l’Iria“, was sich wahrscheinlich vom Namen „Vicus Iria“ herleitet, den sie der Stadt Voghera gaben. Im Mittelalter gehörte die Region zum Besitz der Abtei Bobbio, später geriet sie unter die Herrschaft der Familie Malaspina. Zahlreiche Burgen, Schlösser und Kirchen zeugen von der reichen, bewegten Geschichte des Tales.

Cervesina

Nur 2 km östlich der Autobahn Mailand-Genua (A7) gelegen, präsentiert sich das 1200-Einwohner-Städtchen als Eingangstor zur Region Oltrepò Pavese und zum Valle Staffora. So klein die Gemeinde auch ist, verfügt sie mit dem hübschen Schlösschen und der Kirche San Gaudenzio doch über 2 sehenswerte Baudenkmäler.

Voghera

Mit 40.000 Einwohnern die deutlich größte Gemeinde des Valle Staffora, bietet sich Voghera als Standquartier für Exkursionen kreuz und quer durch die Region an. In der Stadt gibt es mehrere sehenswerte Kirchen sowie einen Dom; Bahnhof und Flugplatz machen Voghera zu einem wichtigen Verkehrsknotenpunkt.

Rivanazzano Terme

Die 5000 Einwohner zählende Gemeinde trägt als erste auf der Route flussaufwärts den Zusatz „Terme“. Der Ort kann sich rühmen, bereits seit dem Altertum als Thermalbad weithin bekannt gewesen zu sein. Im höher gelegenen Ortsteil Nazzano locken ein weithin sichtbares Schloss und die Kirche Madonna del Monte.

Godiasco Salice Terme und Montesegale

Schon bei Rivanazzano tauchten die ersten Hügel auf. Bei Godiasco Salice Terme, ebenfalls als Thermalbad bekannt, sind sie beiderseits der Straße deutlich sichtbar; äußerst sehenswert ist die gewaltige Burganlage in Montesegale, 8km östlich von Godiasco.

Ponte Nizza/Cecima

Durch das Vorgebirge des Apennin führt die SP 461 weiter flussaufwärts nach Ponte Nizza (sehenswert: die Eremitage des Hl. Albert di Butrio, 1030), in dessen Vorort Casa Cucchi die Straße nach Cecima abzweigt. Dieses hochgelegene Dorf in wunderschöner Lage über dem Staffora-Tal vermittelt das Gefühl, im Gebirge angekommen zu sein. Besuchenswert ist das Schloss sowie das „Planetario e Osservatorio Astronomico Cà del Monte“.

Varzi und Castello di Oramala

Varzi, die zentrale Ortschaft des mittleren Valle Staffora, liegt bereits auf 400m Höhe. Kenner und Liebhaber romanischer Architektur wird das Kapuzinerkloster interessieren, das um 1200 erbaut wurde. Die Klosterkirche ist mit schönen Fresken ausgestattet. Nicht versäumen sollte man einen Abstecher zum 5km nördlich gelegenen Schloss Castello di Oramala aus dem 10. Jahrhundert.

Santa Margherita di Staffora

Die kleine Gemeinde besteht aus mehreren Ortsteilen (Frazioni); die folgenden Dörfer im Tal gehören zu dieser Gemeinde. Es gibt nun mehrere Möglichkeiten, sich der Quelle der Staffora zu nähern – z. B. über die SP 90. Wir empfehlen jedoch eine landschaftlich reizvollere Route:

Brallo di Pregola

Die Strada Provinciale 48 führt oberhalb des Staffora weiter bergauf. Folgt man jedoch der SP 186, so erreicht man nach 18 km das Dorf Brallo, dessen Kirche malerisch auf einem Hügel über dem Tal thront. Ein lohnender Abstecher! Die Hänge des Tales rücken näher zusammen, die Straße wird enger und kurvenreicher.

Cencerate

Der Ortsteil der Gemeinde Brallo zählt nur 50 Einwohner und liegt bereits auf 950 m Höhe. Das Dorf erreicht man sowohl über die eher bequeme SP 48 als auch (über Brallo) auf der abenteuerlichen Bergstraße SP 131. Hier beginnt der Canyon, den der Staffora im Laufe seiner ersten 10 km bildet. Die Natur lädt zu Wanderungen, Klettertouren und Biking ein.

Casale Staffora/Pian del Poggio

Romantische Bergdörfer, Ortsteile der Gemeinde Santa Margherita, bereits auf 1300 m Höhe, die mit ihren charakteristischen Steinhäusern in den Bergen verstreut liegen. Die SP 48 verläuft jetzt zwischen engen Talwänden hoch über dem Fluss und nährt sich dem Monte Chiappo.

Monte Chiappo

An der Nordostflanke des 1700 m hohen kahlen Berges befindet sich die Quelle des Staffora. Der Gipfel ist von Pian del Poggio (dem letzten Ort des Valle Staffora) zu Fuß in etwa einer Stunde zu erreichen. Diese Region ist ein Paradies auch für Biker und Skifahrer.

Rocca di Montalfeo in Valle Staffora
Die sehenswerte Rocca di Montalfeo diente einmal als Wachturm.

Kulturelle Veranstaltungen der Region

Für Musikfreunde interessant ist das Open-Air-Festival „Ultrapadum“ (lateinisch für „Oltrepò“!), das jährlich von Juni bis Oktober in den Städten und Schlössern des Oltrepò Pavese stattfindet und von musikbegeisterten Bewohnern Vogheras und Rivanazzanos gegründet wurde. Musik aller Sparten ist hier unter freiem Himmel zu hören. Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch, dass das Valle Staffora eine reiche Volksmusik-Tradition aufweist: Vor allem auf den Instrumenten Schalmei, Akkordeon und Dudelsack wird hier – insbesondere bei festlichen Anlässen – musiziert. (In Stradella gibt es sogar ein Akkordeon-Museum.) Und nicht nur aus familiären Anlässen finden solche Feste statt: Besonders im Monat September hat nahezu jedes Dorf sein eigenes Weinfest!
Eine besondere Rolle spielt der Karneval im Oltrepò Pavese. Besonders das Städtchen Varzi, Zentrum des mittleren Valle Staffora, erlebt jährlich im Februar seine „tollen Tage“. Wer sich in dieser Jahreszeit in der Region aufhält, darf nicht nur den neuen Wein genießen, sondern sein Herz an den großen Karnevals-Festumzügen erfreuen.

Weitere Hinweise auf zahlreiche Veranstaltungen in der Region findet man hier:
http://www.gal-oltrepo.it/tutti-gli-eventi-in-oltrepo-pavese/

Sport und Freizeit

Freunden des Bergwanderns ist besonders die Route hinauf zum Monte Chiappo (1700 m) zu empfehlen. Sie beginnt in Casanova di Sinistra, steigt über Cegni, Ca‘ del Lago und Ceregate oberhalb der Schlucht kontinuierlich an, und über Negruzzo, Casale Staffora und Pian del Poggio erreicht man das Rifugio del Monte Chiappo, wobei für die letzte Etappe auch ein Sessellift benutzt werden kann. Es ist eine anspruchsvolle Tour, die auf einer Länge von etwa 20 km einen Höhenunterschied von gut 1000 Metern überwindet. Freunde gemächlicher Spaziergänge werden rund um die genannten Orte geeignete Routen finden.

Mountainbikern ist die Tour durch das gesamte Tal (ca. 70 km) zu empfehlen, von Voghera bis Pian del Poggio also, wobei ab Casanova entweder die SP 90 oder die SP 48 benutzt werden kann. Beide Strecken führen weiter zum zum Passo del Giovà (1368 m) und in die Emilia-Romagna.

Ein großes Ski-Resort befindet sich in Pian del Poggio, dem höchstgelegenen Dorf des Tales. Von hier aus führt der erwähnte Sessellift zum Gipfel des Monte Chiappo. Interessierte finden alle nützlichen Informationen auf der Website https://www.seggioviapiandelpoggio.it/

Wellness

Auf die beiden Thermalbäder Rivanazzano und Salice wurde bereits hingewiesen. Beide Ortschaften bilden inzwischen eine Einheit, ein einziges großes Kurzentrum mit Hotelkomplexen und Wellnesszentren. In Rivanazzano Terme hat man 1913 erneut (wie schon zuvor im Altertum) Thermalquellen im Viertel San Francesco entdeckt, in Salice bereits 1902. Therapiert werden alle Formen chronischer Entzündungen, sowie rheumatische und vaskuläre Erkrankungen. Weiterhin locken Freizeitangebote verschiedenster Art: Zwischen beiden Ortschaften befinden sich ausgedehnte Parks und ein großer Golfplatz, in Salice gibt es zudem ein Schwimmbad, einen Nachtclub und einen Abenteuer-Freizeitpark. In der Nähe des Flugplatzes befindet sich die Rennstrecke „Rivanazzano Dragway“.

Typische Speisen und Produkte der Region

„Agriturismo“ – ein häufig zu hörender und zu lesender Begriff im Oltrepò Pavese. Landwirtschaft und Fremdenverkehr gehen hier eine „sanfte“ Verbindung ein – auch dem Begriff „slow food“ werden Sie des öfteren begegnen. Auf zahlreichen Bauernhöfen und Winzereien der Region erhalten Sie die typischen Produkte und Spezialitäten, die den Charakter des Oltrepò Pavese prägen. In erster Linie ist hier der Wein zu nennen, der in diesem renommiertesten Anbaugebiet der Lombardei überall reichlich gekeltert wird. Neben Rot-, Weiß- und Roséweinen wird hier auch der beliebte Spumante (Schaumwein) produziert. Das Internetportal „Wein-Plus“ hat die Region im August 2018 als „Burgund hinter dem Po“ bezeichnet.

Auch für Feinschmecker hat das Oltrepò Pavese viel zu bieten: Aus der Fülle der lokalen Spezialitäten seien hier nur die „Agnolotti Pavesi“ (Pasta, gefüllt mit geschmortem Fleisch) genannt, aber auch das deftige „Bollito misto“, aus allerlei schmackhaften Fleischsorten zusammengestellt. Kleinere Leckereien sind die typischen „Brasadè di Staghiglione“, aus hartem Teig gefertigtes halbsüßes Donut-artiges Gebäck. Probieren sollten Sie außerdem den Senf aus Voghera, der mit ganzen kandierten Früchten und Sirup versetzt ist – oder auch die ebenfalls in Voghera angebotenen Peperoni, die bei der Zubereitung des lokalen Risotto verwendet werden. Und schließlich die „Zuppa di Voghera“, anders als der Name vermuten lässt, ebenfalls ein unwiderstehliches Dessert: eine mit Sahne und Vanillepudding gefüllte Paradiestorte…Wie man sieht, ist Voghera im Oltrepò Pavese das Zentrum der kulinarischen Künste. Gehen Sie selbst auf Entdeckungsreise!

Das Klima im Valle Staffora

Entsprechend der enormen Höhenunterschiede (1300 m in der Quellregion, 70 m in den tieferen Lagen) variieren Klima, Durchschnittstemperaturen und Niederschlagsmenge sehr stark. Für Voghera wird (ähnlich wie für Mailand) ein warm-gemäßigtes, aber auch durchaus regenreiches Klima verzeichnet. Die trockensten und wärmsten Monate sind Juni bis September, die regenreichsten Oktober und November. Fährt man talaufwärts, sind erheblich niedrigere Durchschnittstemperaturen zu erwarten – in Voghera im Juli ca. 25 Grad, in Santa Margherita nur noch 22. Je weiter man steigt, desto früher setzt natürlich der Schneefall ein – rund um den Monte Chiappo kommen Skifahrer alljährlich auf ihre Kosten.

Ausflugsziele in der Umgebung

Die Region Oltrepò Pavese ist das Land der Schlösser und Burgen – einige von ihnen wurden schon erwähnt. Die meisten sind vom Valle Staffora aus bequem zu erreichen – hier einige Hinweise auf die 5 sehenswertesten:

– Montalto Pavese, auch genannt die „Königin des Oltrepò Pavese“ – beeindruckend auf einem Hügel gelegen, 20 km östlich von Voghera
– Pietra de‘ Giorgi, nur 6 km nördlich von Montalto, erbaut 1012. Heute beherbergt das Schloss die Kommunalverwaltung.
– Romagnese, 20 km östlich von Varzi, 2012 wurde ihm der Titel „gioiello d’Italia“ verliehen. Im Innern ein Landwirtschafts-Museum.
– Stefanago, 16 km östlich von Godiasco, höchst eindrucksvoll auf einem Hügel gelegen, erbaut 1477.
– Zavattarello, 18 km östlich von Ponte Nizza, in ähnlicher Lage wie Stefanago, erbaut ursprünglich um 1000, heute ein Museum für zeitgenössische Kunst.

Besuchen Sie ferner die Stadt Bobbio (knapp 30 km östlich von Varzi), nicht zuletzt wegen des Klosters, von dem jahrhundertelang die Herrschaft über die Region ausging – aber auch wegen der wunderschönen Steinbogenbrücke, die hier die Trebbia überspannt. Bobbio ist Mitglied des Vereins „Die schönsten Orte Italiens“.

Nicht zu vergessen natürlich Pavia, die Hauptstadt der Provinz: Die 70.000-Einwohner-Stadt liegt ca. 30 km nördlich von Voghera am Ticino, gehört also nicht mehr zu der hier beschriebenen Region. Aufgrund der bemerkenswerten Fülle romanischer, gotischer und Renaissance-Bauwerke ist ein Besuch jedoch unbedingt zu empfehlen.

Ein Besuch des Valle Staffora wird jedem etwas bieten – sei es dem Bergwanderer, Biker, Skifahrer, Museumsbesucher, Musikfreund, dem Kenner erlesener Weine oder dem Liebhaber uralter Burgen und Schlösser. Und jeder, der hierher findet, wird es genießen, dass der Fremdenverkehr in dieser Region sich erst seit einiger Zeit gemächlich entwickelt – noch ist das Valle Staffora ein Geheimtipp.

 

Fotos:

Valle Staffora – Santa Margherita © Stefanopez Steve | Dreamstime.com
Rocca di Montalfeo, Battisottobanco – Eigenes Werk, CC BY-SA 4.0, Wikimedia Commons